Die unendliche Geschichte des Wiener Caféhaus-Stuhls

Umweltgemeinschaft besichtigt Thonet

Der Wiener CafehausstuhlDie diesjährige Studienfahrt der Umweltgemeinschaft führte nach Frankenberg zur wohl bekanntesten und ältesten Stuhlmarke „Thonet“. Der ehemalige Einkaufsleiter Bernd Baydos führte die Gruppe durch die Werkshallen in Frankenberg wo heute 173 Menschen arbeiten. Thonet wurde bereits vor über 190 Jahren vom Schreinermeister Michael Thonet aus Boppard gegründet. Auf der Koblenzer Gewerbeausstellung im Jahre 1841 machte Thonet die Bekanntschaft von Fürst Metternich, der von Thonets Möbeln begeistert war. Dieser führte ihn in die Wiener Gesellschaft ein und von da ab ging es sehr steil nach oben. Vor 120 Jahren siedelte Thonet sein Unternehmen dann in Frankenberg an, einer Gegend wo auf mageren Böden eine langfaserige Buche wächst, die sich ideal für seine gebogenen Stühle eigneten. Mehr als 60 Millionen Mal ging dieser Stuhl in die ganze Welt. Gefertigt wird er heute noch im Prinzip mit den gleichen technischen Mitteln wie im 19. Jahrhundert. Die vorgefrästen Buchestäbe werden zunächst lange gewässert bevor sie für einige Stunden in der Dämpfkammer mit heißem Wasserdampf beaufschlagt werden. Danach sind wie „Plastilin“ aber es bedarf je nach Rundung 4 Personen um das Holz in seine Form zu verspannen. Eine schweißtreibende Arbeit im 5 Minuten-Takt. Viel Knowhow steckt zudem in den speziellen Schleifmaschinen, um die schmalen gebogenen Holzteile ausreichend glatt zu gekommen, damit sie dann gebeizt und lackiert werden können.


Fertigung der BugholzlehnenDies geschieht dann mit viel Hightec. Ein Spritzroboter lackiert automatisch die Teile mit einem wässrigen UV-Lack. Mit der neuen Conturex von Weinig werden ohne Schablonen ein Großteile der Gestellteile gefertigt. Denn die Auswahl an Stühlen erstreckt sich neben dem Cafehausstuhl auf Formsperrholzstühle und vor allem die bekannten Freischwinger in allen Variationen auf der Basis von Stahlrohren. Diese müssen allerdings aus der Schweiz sein so die Aussage von Bernd Gaydos, da käme die beste Rohrqualität her. Denn ein Freischwinger muss sich exakt gleich verhalten – egal ob sich 50 oder 150 kg darauf setzen.

Mit viel Handarbeit geht es auch in der Polsterei zu, wo die Stühle ihre Polsterung und Bespannung erhalten. Die Aufteilung der Lederhäute wird mit Laser-Präsentationen manuell zusammengestellt und dann automatisch zugeschnitten. Dabei seien die süddeutschen Kühe von Vorteil, denn sie wären einfach größer und geben mehr her. Die Bespannung des Cafehausstuhls erfolgt dann wieder mit einem hohen manuellen Aufwand. Für das Geflecht werden Lianen aus dem indonesischen Dschungel eingesetzt, deren Verfügbarkeit aber aufgrund der rasch abnehmenden Tropenwälder dort immer schwieriger wird.

Insgesamt sieht man sich bei Thonet stark der Bauhaustradition verpflichtet. Man will „Klassiker“ schaffen, die wenigstens 30 Jahre ihre Nutzer erfreuen. Ein erheblicher Teil der Fertigung gilt auch der Aufbereitung von Stühlen, die bereits mehr als 20 Jahre alt sind, und denen man ein frisches Erscheinungsbild verpasst. Neben den Stühlen werden auch viele Tische und Möbel fast in Einzelfertigung hergestellt, wie z. B. große Konferenzanlagen mit bis zu 30 Tischen. So gab es doch einige Überschneidungen mit dem typischen Fertigungsgebiet der Umweltgemeinschaftsbetriebe.

Diese besichtigten am Nachmittag noch die Obernautalsperre und ließen sich den hohen Aufwand für eine ausreichende Trinkwasserversorgung erläutern. Am nächsten Tag konnte man auf speziellen Forstflächen besichtigen, wie sich die Natur nach dem Orkanstrum „Kyrill“ vor knapp 3 Jahren inzwischen wieder ganz neu regeneriert. Neue Baumsorten wie Tanne, Douglasie oder Buche sollen die Fichten-Monokulturen ablösen, um die Wälder „sturmsicherer“ zu machen.

Weitere Bilder von der Studienfahrt

Ansprechpartner:
Helmut Haybach
Technologie-Zentrum Holzwirtschaft GmbH
Johannes-Schuchen-Str. 4
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